Wie alles immer knapper wurde

Dieser Eintrag stammt von Jessica Burmester *1989

Interview mit Christa Ganzow *1935


Während der Kriegs- und Nachkriegszeit war alles viel primitiver als heute. Die Umstände zu der Zeit waren sehr einfach, denn wir hatten noch ein Plumpsklo, das sich draußen befand. Es gab auch noch keine Telefone, man konnte nur bei der Post, beim Kohlenhändler oder beim Kolonialwarenhändler (dieser verkaufte Brot, Mehl usw., wie ein heutiger „Tante Emma Laden“) telefonieren.

Unserer Familie ging es durch Landwirtschaft relativ gut. Wir hatten außer unseren Feldern, die wir bewirtschaften konnten, noch ein Schwein und eine Ziege. Aus der Ziegenmilch haben wir Butter gemacht. Und aus Zuckerrüben haben wir Zucker gemacht. Überhaupt wurde alles aufgehoben und nichts weggeworfen. Wenn im Sommer viel Obst da war, mehr als wir zunächst essen konnten, haben wir den Rest einfach getrocknet. Unser Schwein haben wir solange gefüttert, bis es schön dick und rund war und dann haben wir es geschlachtet. Vom Schlachthof haben wir Talg bekommen, daraus haben wir Suppen gemacht. Aus unseren Kartoffeln haben wir Kartoffelmehl gemacht, das wir zum Backen verwendet haben. Dazu haben wir die Kartoffeln geschält und sie anschließend mit einer Reibe gerieben, so dass Kartoffelmatsch entstand, dann haben wir den gesiebt, sodass mehliges Wasser entstand. Den Kartoffelmatsch haben wir dem Schwein gegeben. Das mehlige Wasser haben wir stehen lassen und das Kartoffelmehl setzte sich unten ab. Dieses haben wir auf ein  Bettlaken gelegt und so trocknen lassen. Nach zwei Tagen war das Kartoffelmehl dann fertig.

In der Schule sollten wir Erdbeerblätter von zu Hause mitbringen, das war Pflicht. Aus den Erdbeerblättern haben wir dann Tee gemacht.

Wasser war ebenfalls sehr knapp, besonders sauberes. Es gab noch keine Wasserleitungen, deshalb haben wir das Wasser mit einer Pumpe aus der Erde gepumpt. Es dauerte, bis man Wasser hatte und dann war das Wasser natürlich noch verdreckt. Das verdreckte Wasser hat man in eine Art Filter getan. Das waren drei Eimer. Der erste war fünf cm hoch mit Sand gefüllt und hatte Löcher am Boden, dort ist dann das Wasser durch gelaufen, zum zweiten Eimer, der auch mit Sand gefüllt war. Nachdem es durch den Eimer durchgelaufen war, hatten wir sauberes Wasser, das wir trinken konnten. Der Sand wurde zweimal im Jahr ausgewechselt.

Vieles wurde auch getauscht. Wir haben zum Beispiel Gemüse gegen ein geschlachtetes Schwein oder eine geschlachtete Kuh getauscht, oder wir haben unser Gemüse gegen Öl von einem Bekannten getauscht. Oder manchmal haben wir Zigaretten gegen Stroh für unsere Tiere getauscht. Viele Leute aus der Stadt waren „hamstern“. Sie sind mit dem Fahrrad aufs Land gekommen und haben sich dann einfach Essen von den Bauern geklaut. Manche waren aber auch etwas höflicher und haben ihre Bettlaken gegen Gemüse getauscht.

Die Arbeit auf dem Land war anstrengend, wir mussten sechs Tage die Woche arbeiten. Auch ich musste mal helfen. Wir hatten aber noch einen Gehilfen, der eine eigene Kammer hatte. Und manchmal hatten wir zusätzlich auch Tagelöhner.

Meine Oma fuhr immer zum Gemüsemarkt nach Hamburg, um dort unsere Ernte zu verkaufen.

Mein Vater hat beim Wasserwerk gearbeitet.

Als der Krieg begann, gab es Marken für das Essen. Es wurde genau eingeteilt, wie viel jeder zu essen bekommt, weil das Essen immer knapper wurde und gespart werden musste. Jeder hatte eine Markenkarte, auf der stand, wie viel er an Fett, Fleisch, Butter, Milch, Marmelade usw. bekommt. Die Verteilung der Lebensmittel war unterschiedlich. Schwerstarbeiter, werdende Mütter und Kinder bekamen mehr.

Wir hatten auch einen Ofen. Koksbriketts wurden auch zugeteilt. Man bekam nur eine bestimmte Menge. Aber wir hatten einen Bekannten, mit dem wir Kohle gegen unser Gemüse tauschen konnten.

Auch die Schuhe wurden irgendwann knapper und gingen kaputt. Dafür gab es Bezugsscheine. Die Lehrer in der Schule haben beurteilt, ob man schon dringend neue Schuhe braucht. Das war aber nur, wenn man fast keine Schuhe mehr an den Füßen hatte, sondern Fetzen. Einmal hab ich auch neue Schuhe bekommen, da hab ich mich sehr gefreut.

Außerdem wurde, als der Krieg begann, zur Verdunkelung der Fenster aufgerufen. Man musste sich Rollos kaufen, damit man abends bzw. nachts kein Licht sehen konnte, das aus dem Haus kommt. Die Verdunkelung machte es möglich, dass die Alliierten im Dunkeln nicht erkennen konnten, wo sich Häuser befinden und so konnten sie die nicht bombardieren.

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